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Politisches Engagement von Jugendlichen fördern

Zukunft | Die jungen Menschen von heute sind diejenigen, die das Morgen am meisten betrifft. Verschiedene Organisationen und Gemeinden helfen deshalb dabei, die Partizipation Jugendlicher zu fördern.

| Thomas Abplanalp | Politik
Politisches Engagement
Gespräche sind die Grundlage eines partizipativen Miteinanders. Erstellt mit deepai.com

Nach einem jeweils leichten Anstieg des politischen Engagements von Jugendlichen während einiger Jahre sank dieses 2023. Vor allem die Anzahl der Jugendlichen, die angaben, sich überhaupt nicht zu engagieren, verdoppelte sich 2023 beinahe. Das zeigt eine jährliche Studie vom Dachverband Schweizer Jugendparlamente (DSJ) in Zusammenarbeit mit gfs.bern, in der jeweils rund 1000 Jugendliche zwischen 15 und 25 mit Wohnsitz in der Schweiz befragt wurden.

Den demokratischen Prozess verbessern

Der DSJ versucht, junge Menschen für Politik und die Teilhabe daran zu begeistern, «denn niemand ist zu jung für Politik», wie Julia Niederberger vom DSJ sagt. Dieses Ziel versucht der DSJ auf verschiedene Arten zu erreichen, unter anderem anhand von Angeboten wie engage.ch oder easyvote.ch. Gerade die Plattform Easyvote kennen und benutzen auch viele Erwachsene. Ebenfalls generiert der DSJ Wissen zu den Themen politische Bildung und Partizipation, vernetzt dieses und teilt es mit der Öffentlichkeit. Allein in Bern gibt es 14 Jugendparlamente.

Politische Partizipation, sprich Beteiligung oder Engagement, soll Menschen ermöglichen, sich an politischen Prozessen zu beteiligen, die sie betreffen. Dabei gilt es gemäss Niederberger, «passende Möglichkeiten von Mitsprache, Mitwirkung und Mitentscheidung zu schaffen», kurz: «den demokratischen Prozess zu verbessern».

Die Formen von Partizipation sind -dabei vielfältig: Von einem Einsitz von Jugendlichen in die Jugendkommission einer Gemeinde über ein wiederkehrendes Austauschgefäss zu Gemeindeanliegen bis hin zu konkreter Mitwirkung an Gemeindeprojekten.

Ganz konkret gelang es Jugendlichen in einer Gemeinde beispielsweise, einen Skatepark zu erneuern und zu erweitern. Zudem erhielten die Jugendlichen dort eine langfristige Mitsprachemöglichkeit, indem die Jugendkommission um zwei Sitze für Jugendliche erweitert wurde. Oder in einem anderen Fall wünschten sich die Jugendlichen mehr Mülleimer auf dem Gemeindegebiet. Sie hatten selbstständig eine Umfrage zu möglichen Standorten durchgeführt und mit der Unterstützung der Gemeindepräsidentin einen Antrag an die Umweltkommission geschrieben. Diese stimmte dem Vorstoss zu. Die Jugendlichen durften 
die neuen Mülleimer vor der Installation sogar bemalen.

Zentrale Bedeutung der Gemeinde

Der Gemeinde als kleinster Verwaltungseinheit in der Schweiz kommt gemäss Niederberger eine besondere Bedeutung zu, da «über sie das Zusammenleben organisiert wird und lokale Bedürfnisse und Interessen einbezogen werden». Hier gehe es um ganz konkrete Projekte wie die Beleuchtung einer Sportanlage oder auch die Verkehrsführung. Diese betreffen die Bürgerinnen und Bürger direkt und werden von der Gemeinde umgesetzt.

Aber «gerade der jüngeren Bevölkerung ist die zentrale Bedeutung der Gemeinde für ihr persönliches Umfeld häufig nicht bewusst», sagt Niederberger. Deshalb sei es wichtig, die Relevanz der Gemeinde, ihre Strukturen und Möglichkeiten der Beteiligung für Jugendliche einfacher verständlich zu machen. So könnten sie sich mehr in den Gemeindealltag einbringen, dadurch zu verantwortungsvollen Bürgerinnen und Bürgern heranwachsen und vor allem «zum Zusammenhalt in der Gemeinde beitragen». Damit junge Menschen am politischen Leben in einer Gemeinde teilnähmen, sei es wichtig, auf deren Bedürfnisse einzugehen. Anders gesagt, Jugendliche sollten sich häufiger dazu motivieren (lassen), sich für ihre Gemeinde einzusetzen, während diese den Bedürfnissen der Jungen mehr Gewicht geben solle. Im besten Fall entsteht gemäss Niederberger «eine Kultur der Partizipation, in der wiederkehrende Gefässe die Mitsprache von Jugendlichen ermöglichen».

Gemeindepolitik näherbringen

Damit politisches Engagement überhaupt gelingen kann, muss bei Jugendlichen politisches Interesse vorhanden sein. Wie die Studie vom DSJ zeigt, motivieren vor allem das soziale und familiäre Umfeld, die Lehrpersonen und auch Influencer junge Menschen am meisten zu politischen Aktivitäten. Die Gemeinde spielt somit eher eine indirekte Rolle. Das «engage»-Atelier vom DSJ will deshalb den Austausch zwischen den Schülerinnen und Schülern und den Personen aus der Gemeinde fördern.

Das geschieht häufig durch den Besuch junger, politikinteressierter Menschen – häufig aus dem Jugendparlament – in Schulklassen. Dort versuchen sie, den Lernenden die Gemeindepolitik näherzubringen. Als Abschluss diskutiert eine Person aus dem Gemeinderat die Anliegen der Jugendlichen an die Gemeinde.

Zusammenfassend betont Niederberger, dass es keine Patentlösung für alle Gemeinden gebe, sondern dass «jede einzelne Gemeinde zusammen mit den jungen Menschen» nach passenden Lösungen suche.

Die Schule mitentwickeln

Die Schule übernimmt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, das politische Engagement junger Menschen zu fördern. «Die Schule bietet einen idealen, geschützten Rahmen, um Schülerinnen und Schüler auf diese Teilhabe vorzubereiten», sagt Klara Sokol von éducation21.

éducation21 ist das nationale Kompetenzzentrum für Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE). Die Stiftung unterstützt Lehrpersonen, Schulleitende und andere Bildungsakteure dabei, die in den Schweizer Lehrplänen verankerte BNE im Schulalltag umzusetzen.

Sokol betont die zwei einander bedingenden Bedeutungen des Begriffs Partizipation: Einerseits sei Partizipation ein pädagogisches Prinzip, andererseits eine eigenständige Kompetenz. Zu dieser Kompetenz gehören «Verantwortung im Rahmen der eigenen Zuständigkeit übernehmen, aber auch fremde und eigene Interessen erkennen, diese vertreten können oder Handlungsspielräume nutzen»

Konkret könnten Schülerinnen und Schüler mittels Projekten aktiv in die gesamtschulische Entwicklung miteinbezogen werden. «Die aktive Beteiligung mit echter Mitsprache führt bei Schülerinnen und Schülern nicht nur zur Motivation», erklärt Sokol, «sondern fördert auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Selbstwirksamkeit oder das Vertrauensverhältnis gegenüber den Vertreterinnen der Institution Schule.» Solche Erfahrungen können die jungen Menschen in ihrem späteren Leben aktivieren, wenn sie sich als aktive Bürgerinnen und Bürger an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen beteiligen.

Schule als Teil der Gemeinde

Viele Schülerinnen und Schüler besuchen Sport- oder Musikvereine, engagieren sich in der Jugendarbeit oder bei Quartiervereinen. Das Lernumfeld von jungen Menschen geht also oft über den schulischen Raum hinaus. Das bietet weitere Möglichkeiten, das Leben in der Gemeinde mitzugestalten und dabei Partizipation als Kompetenz zu trainieren. éducation21 unterstützt mit sogenannten Bildungslandschaften21 beim Aufbau solcher Gelegenheiten: Die relevanten Akteure aus der Gemeinde vernetzen sich mit Schulen und kooperieren. «So können beispielsweise anstehende Bauprojekte, die ebenso die Schule betreffen, gemeinsam mit Schulklassen und der Gemeinde entwickelt werden.»

Für die pädagogische Praxis bietet éducation21 kostenlos und in drei Sprachen unter anderem ein Themendossier zur Partizipation an. Dieses erklärt, wie Partizipation mit einer nachhaltigen Entwicklung zusammenhängt. Auch finden sich darin zum Thema passende aufgelistete Lernmedien für alle Unterrichtsstufen und konkrete Beispiele aus der Praxis. Eines dieser Beispiele ist eine Schule, deren Schülerinnen und Schüler sich während einer Projektwoche gesellschaftlich engagierten. Unter anderem machten sie mit einem Rollstuhlfahrer einen Ausflug in dessen Lieblingscafé, organisierten ein Gesprächs-Café mit Asylsuchenden oder zeigten Zuzügern ihre Lieblingsorte in der Gemeinde. Daneben verantwortet éducation21 das Schulnetz21. Auch in diesem spiele Partizipation gemäss Sokol eine wichtige Rolle: «Zum Beispiel sind in der Stadt Bern alle Schulen Teil des Schulnetz21 und setzen auf Partizipation als Teil der Gesundheitsförderung.»


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