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Im Fokus steht die Region

Medienlandschaft | Gerade regionaljournalistische Printmedien stehen heute vor grossen Herausforderungen, sowohl auf inhaltlicher wie auch auf -finanzieller Ebene. Das ändert aber nichts an deren Bedeutung.

| Thomas Abplanalp | Gesellschaft
Zeitungen
Wohin geht die Reise des Regionaljournalismus? Bild erstellt mit Microsoft Designer

Wie das Bundesamt für Statistik (BFS) in einer Erhebung aus dem Jahr 2024 zeigt, arbeiteten 2010 im Print- und ­Digitalbereich 12 224 Journalisten in der Schweiz. 2022 waren es noch 9876, also rund 20 Prozent weniger. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass sich die finanzielle Situation der Medien in den letzten Jahren nicht verbessert hat.  

Neuer Leistungsauftrag

Gemäss einem Bericht von Avenir Suisse­ aus dem vergangenen Jahr stehen Printmedien aufgrund der Digitalisierung tatsächlich vor grossen Herausforderungen. Vor allem die Verschiebung der Werbeeinnahmen in den digitalen Raum mache vielen Printmedien­ zu schaffen. In den vergangenen Jahren hätten sich vor allem drei Finanzierungsmodelle im Mediensektor etabliert: erstens die Werbe- und Nutzermarktfinanzierung, zweitens finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand und drittens die philan­thropische Finanzierung. Letztere beinhaltet Gönner, Stiftungen und dergleichen, die ein Medium unterstützen möchten. 

Die Aufgabe der Medien bestehe gemäss dem Bericht von Avenir Suisse darin, die Gesellschaft mit relevanten Informationen zu versorgen, wobei die Kontroll-, die Forums- und die Integrationsfunktion im Vordergrund stünden. Medieninhalte können die demokratische Gesellschaft beeinflussen. Während hetzerische Kommentare polarisierend wirken, wirken umsichtige Auslegeordnungen aufklärerisch.

Um diese Aufgabe zu erfüllen, brauche es einen ungehinderten Wettbewerb, beziehungsweise eine freiheitliche Ordnung. Eine Möglichkeit, diese zu gewährleisten, könne darin liegen, den Leistungsauftrag der SRG zu schärfen. Der grösste Teil der Schweizer Medienförderung geht aktuell zur SRG. Die Idee von Avenir Suisse besteht darin, dass die SRG als Public Content Provider relevante Medieninhalte gemäss Leistungsauftrag herstellt, sie aber nicht selbst ausstrahlt. In Form einer Auktion können private Medienorganisationen diese ersteigern.  

Klimakrise als Medienkrise

Auch die Mercator-Stiftung erachtet lokale Medien als wichtig für einen demokratischen Prozess, da sie einen Beitrag zur Meinungsbildung und zur Stärkung der kritischen Öffentlichkeit beitragen können. Ausgehend von Interviews mit 30 Journalisten, Verlegern und Branchenexperten machte die Stiftung eine Bestandsaufnahme des Lokaljournalismus. Die Analyse der Interviews zeige die Notwendigkeit einer Medienförderung. Vor allem zwei Herausforderungen kristallisierten sich heraus: einerseits die bereits erwähnte Digitalisierung und andererseits die Klimakrise. Letztere verschärfe viele bestehende Probleme. 

Gerade im Kontext der Klimakrise werde deutlich, dass die politische Ausrichtung der Leserschaft den Wunsch der journalistischen Berichterstattung präge. So erwarteten politisch rechts orientierte Menschen eine vielfältige Berichterstattung, während politisch links orientierte Menschen von Medien mehr Positionierung in Sachen Klimaschutz erwarteten.  

Selbst ist die Gemeinde

Vielleicht hat sich die Bedeutung vom Regionaljournalismus in den vergangenen Jahren verändert. Vielleicht ähneln regionale Zeitschriften Plattenspielern. Es gibt sie noch, einige Leute erfreuen sich an ihnen, aber die Gesellschaft braucht sie nicht. 

Wie lässt sich eine so steile These begründen?

Die Digitalisierung ermöglicht, lokale und regionale Nachrichten unabhängig von Zeitschriften einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Man denke hierbei an soziale Medien. Menschen können ihren Nachbarn, ihrer Gemeindeverwaltung, ihrer Lieblingsbäckerei oder vielleicht sogar der Schule ihrer Kinder folgen und somit immer über Aktuelles informiert sein. Mittlerweile können Gemeindeverwaltungen und ihre Bevölkerung mithilfe von Apps Informationen austauschen, Anliegen äussern oder Veranstaltungen ankündigen. Dank digitaler Möglichkeiten kann jede Person also genau darüber informiert werden, worüber sie informiert werden möchte. Und Gemeinden können darüber informieren, worüber sie informieren möchten.

Matthias Zehnder, Verleger des Schweizer Medienmagazins «Edito», sieht in dieser Entwicklung den Ausdruck einer Not. «Einzelne Gemeinden springen selber in die Bresche, weil sich grosse Medien zurückziehen», so Zehnder. Wenn Gemeinden über sich selbst berichteten, sei das aber gefährlich, weil deren Berichterstattung möglicherweise eine neutrale Perspektive fehle. Genau hier sieht Zehnder die Quintessenz des Regionaljournalismus. Regionale Zeitschriften «berichten über die Lebensrealität vor Ort, die Informationen entstehen vor Ort». Und das bestenfalls aus einer neutralen Perspektive. 

Die Sache mit dem Geld

Der Haken dieses Alleinstellungsmerkmals des Regionaljournalismus liegt auf der Hand, oder besser im Portemonnaie. Das Erstellen von Informationen vor Ort kostet nämlich viel Geld. Das stellt für viele Regionalmedien eine grosse Herausforderung dar. Wichtige Einkommensquellen versiegten in den letzten Jahren oder Jahrzehnten mehr und mehr. Wie Zehnder sagt, seien zuerst die Kleinanzeigen in Regionalzeitungen weggebrochen, danach die Werbe­inserate, und schliesslich seien immer weniger Menschen bereit, für redaktionelle Inhalte zu bezahlen. 

Das liege auch daran, dass regionale Tageszeitungen früher ein Rundumpaket bildeten. In ihnen habe die Leserschaft nachsehen können, in welchem Kino welcher Film zu sehen, wo eine freie Wohnung zu mieten und was in der Region und der Welt passiert war. Der Journalismus sei also nur ein Teil des Informationspakets gewesen. Da viele dieser Funktionen von Regionalzeitungen heute weggefallen sei, «geht die Rechnung für viele nicht mehr auf». 

Damit Regionalzeitungen weiterhin über genügend finanzielle Mittel verfügten, müsse das Geld aus mehreren Quellen kommen. Eine Möglichkeit sieht Zehnder im Gemeindewesen, das finanziell zum Regionaljournalismus beitragen könne. Und auch Werbe­gelder flössen wieder häufiger in gedruckten Regionaljournalismus, weil die Werbekunden erkennen würden, dass «ausschliesslich digitale Werbung nicht das Gelbe vom Ei ist». 

Die eigentliche Aufgabe

Die Erwartungen an den Regionaljournalismus sind also vielfältig. Viele Leserinnen und Leser möchten möglichst wenig für journalistische Beiträge bezahlen, einige erhoffen sich von Medien inhaltlich mehr Haltungen und Stellungnahmen zu konkreten Themen, andere wiederum fordern eine vielfältige Berichterstattung. Gemäss Zehnder verbindet die Leserschaft aber «das Interesse an Debatten». Es sei in einer Berichterstattung deshalb wichtig, Personen mit ihren Sichtweisen «fair zu Wort kommen zu lassen». Als problematisch erachtet Zehnder das blosse Bewirtschaften der Aufmerksamkeit in vielen Medien. Was guten Regionaljournalismus auch in fünfzig Jahren auszeichnen werde, sei eine «inhaltlich gute Berichterstattung». Das bedeute vor allem, dass «Medien weniger meinen, und stattdessen mehr informieren sollen». Gerade bei lokalpolitischen Geschichten sehe die Leserschaft, welche Auswirkungen politische Entscheide auf ihr Leben hätten. Diese pragmatische Seite zeichne Regionaljournalismus aus. «Deshalb ist es wichtig zu verstehen», so Zehnder, «dass eine informationelle Landesversorgung genauso wichtig ist wie eine die Versorgung mit Lebensmitteln.»


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