«Die Jungen werden gefördert und gefordert»
Betrieb | Regula Künzler ist Leiterin Bildung Langzeitpflege der Spitäler fmi AG im Seniorenpark Weissenau Unterseen und Frutigen.
Regula Künzler ist eine der vorerst noch wenigen leitenden Berufsbildungsverantwortlichen in Spital oder Langzeitpflege, die einer oder einem Jugendlichen die Chance geben, eine Vorlehre absolvieren zu dürfen. Die Leiterin Bildung Langzeitpflege der Spitäler fmi AG setzt sich allgemein für die Chance der Vorlehre in Betrieben ein. «Die Jugendlichen haben nach der obligatorischen Schulzeit so die Möglichkeit, nicht gleich von null auf hundert funktionieren zu müssen», sagt die erfahrene Pflegefachfrau. «Die Pflege ist ein herausforderndes Arbeitsfeld. Betriebe und Lernende haben durch die Vorlehre die Chance, gegenseitig länger und besser hinzuschauen. Sie können die jungen Menschen kennen-lernen und umgekehrt.» Früher habe, wer Pflegefachperson werden wollte, mindestens 18 Jahre alt sein müssen. Heute sei dies anders, so Künzler. «Für den Beginn der Lehre der meist erst 15 oder höchstens 16 Jahre alten Lernenden ist dies eine immense Herausforderung, die eine Vorlehre abfedern kann.»
Im Vorlehrjahr in einer der beiden fmi-Langzeitinstitutionen erledigten die Jugendlichen Spezialaufgaben, die sie langsam ans Berufsfeld heranführten. «Wir schauen, für welche Arbeiten und Kompetenzen sie sich am besten eignen, was ihnen liegt.» Wenn es ihnen Spass mache und sie «aufgestellt» sind, «ist allen gedient», schmunzelt Künzler. Im Laufe des Brückenjahres könnten Jugendliche herausfinden, ob sie eher mit der Lehre als Assistentin/Assistent Gesundheit und Soziales (AGS), dem eidgenössischen Berufsattest (EBA) beginnen wollten oder sich an das eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ) als Fachmann/Fachfrau Gesundheit (FaGe) heranwagten. Wer zuerst AGS lerne, habe die Möglichkeit, später das EFZ zu erwerben, teilweise sogar in verkürzter Form. «Das Wertvolle an der Vorlehre ist, dass die Schule die Themen aus der Praxis aufnimmt. Dass es umgekehrt Themen sind, womit die Lernenden im Berufsalltag in Berührung kommen und was sie erleben.» Die Jugendlichen lernten, Verantwortung zu übernehmen. Ihr sei wichtig, so Künzler, «dass die Personen in der Vorlehre nicht schon die volle Verantwortung für Bewohnerinnen und Bewohner übernehmen müssen, sondern primär für das eigene Handeln!» Auch den unkomplizierten Austausch zwischen Betrieb und Schule begrüsst sie. «Die Lernenden werden eng begleitet, Schule und Betrieb wissen, wo sie stehen, was sie brauchen.» Gegenseitig werde das Gespräch gesucht, die Lernenden gefördert und gefordert. Gerade in der Langzeitpflege sei eine Vorlehre von gros-sem Vorteil. «Für 15- oder 16-Jährige ist es hart, gleich von Montag bis Freitag im Betrieb zu sein, sie wollen auch ihr Jungsein leben. Durch eine Vorlehre haben sie mehr Zeit für diesen Reifungsprozess. Ich bin begeistert von diesem Angebot und kann es allen Betrieben nur empfehlen.»