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Fragwürdige Subventionen

Konsum | Eine aktuelle Studie zeigt: Alternativprodukte zu Fleisch und Milch sind grundsätzlich weniger umweltschädlich und stellen gesundheitliche ­Vorteile in Aussicht.

| Thomas Abplanalp | Politik
Tofu
Eine der bekanntesten Fleischalternativen: Tofu. Bild: Pixabay

TA-Swiss ist die Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung der Akademien der Wissenschaften Schweiz. In ihrer aktuellen Studie «Fleisch- und Milchersatzprodukte – besser für Gesundheit und Umwelt?» trägt sie verschiedene Studienergebnisse zusammen. Ein Ziel besteht darin, die Auswirkungen auf die Ernährung und Nachhaltigkeit zu untersuchen.

Chancen und Risiken

Die Studie listet Chancen und Risiken einer Ernährung auf, die ohne tierische Produkte auskommt, oder mit nur wenigen. Zu den Chancen gehören erstens die geringeren Umweltbelastungen, gemessen an Wasser- und Landverbrauch, CO2-Ausstoss und dem Verlust an Biodiversität. Diese Vorteile betreffen auch Milchersatzprodukte. Die Vorteile sind hier zwar etwas kleiner, aber immer noch vorhanden. Während vor allem rotes Fleisch und Wurstware ein Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten darstellen, können Fleischalternativen gesundheitliche Vorteile bieten. Weiter leiden bei einer pflanzenbasierten Ernährung viele Tiere deutlich weniger. Und vor allem steigerte sich der Selbstversorgungsgrad der Schweiz, würden weniger tierische, dafür mehr pflanzenbasierte Produkte hergestellt werden.
Zu den Risiken zählt die Studie den potenziellen Nährstoffmangel, da Vitamin B12 nur in tierischen Produkten zu finden ist. Zudem kann der menschliche Körper pflanzliches Eisen weniger gut aufnehmen. Dafür fehlen den tierischen Produkten die wichtigen Ballaststoffe.

Empfehlungen

Die Studie liefert ebenfalls konkrete Empfehlungen. Zu nennen ist hier vor allem die Transparenz. Wie in der Studie steht, «müssten Angaben der Zusammensetzung von Lebensmitteln um Hinweise auf wichtige Mikronährstoffe und idealerweise auch mit der Produktion verbundene Umweltbelastungen ergänzt werden». Und pflanzliche Alternativen müssten nicht wie Fleisch aussehen, sondern sollten als eigenständige andere Produkte beworben werden. Die Studie sagt aber auch, dass Essgewohnheiten schlichtweg schwer abzulegen seien.

Kritik

Die Studie bleibt aber nicht kritiklos. Renato Pichler von Swissveg bemängelt eine gewisse Intransparenz in der Studie. Gerade bei den Ausführungen zu den Milchalternativen würden Zahlen verwendet, deren Wert mit einem unbekannten Faktor berechnet wurden. Zum Beispiel vergleiche die Studie Kuhmilch aus der Schweiz mit Mandelmilch aus Kalifornien bezüglich des Wasserverbrauchs. Da in der Schweiz keine Mandeln wüchsen, ergebe dies sogar teilweise Sinn. Dass die Studie sich auf Mandelmilch beziehe, die aus einer trockenen Region stamme, überrascht Pichler nicht: «Die Studienmacher sind wohl gegen die Milchalternativen und wollen diese schlecht machen.» Selbst beim Haferdrink aus Schweizer Hafer werden in der Studie Umweltdaten von im Ausland hergestellten Produkten verwendet und dadurch die Werte schlechter dargestellt, als sie sind. Das heisst, die Studie verwendet für die Milchalternativen Daten aus trockenen Regionen, obwohl von gewissen Milchalternativen die Rohstoffe in der wasserreichen Schweiz hergestellt werden.

Angst vor Veränderungen

Dass das Ändern von Essgewohnheiten schwierig ist, stellt gemäss Pichler einen Grund dar, weshalb in der Schweiz immer noch so viele tierische Produkte konsumiert werden. Viele Menschen versuchten Gründe zu finden, damit sie gleich weiterleben könnten, so Pichler. Das zeige sich bereits beim Einkauf. Obschon in vielen Supermärkten Tausende von Produkten zu kaufen seien, entscheide sich das Individuum häufig für dieselben Produkte, die es bis anhin gekauft habe. «Menschen wehren sich gegen Veränderungen», sagt Pichler.
Um eine Verhaltensänderung auf individueller Ebene zu vereinfachen, könne es helfen, wenn die Alternativprodukte preisgünstiger würden und mehr Möglichkeiten bestünden, diese zu degustieren. Die Faktenlage selbst scheint nicht die grösste Hürde zu sein, da diese mittlerweile ziemlich klar daherkommt. Die Fleisch- und Milchproduktion trägt massgeblich zum sauren Regen, dem Nitrat-verseuchten Wasser oder auch der Überdüngung bei. Und das sind nur einige der ökologischen Probleme.

Politische Veränderungen

Auch politisch sieht Pichler Potenzial. «Die Politik fördert einseitig Fleischprodukte.» Und das unter anderem in Form von millionenhohen Subventionen. Diese unterstützten beispielsweise Fleischwerbung, was dazu führe, dass noch mehr Fleischprodukte gekauft würden. Gemäss Pichler fliessen heute rund 80 Prozent der Landwirtschaftssubventionen in die Tierwirtschaft. «Würde man die Subventionspolitik umkehren, wären die Alternativprodukte billiger», sagt Pichler, «und die ungesunden Produkte teurer.» Das käme der Bevölkerung zugute.
Doch solche Überlegungen stiessen nicht gerade auf Gegenliebe. Auf eine aktuelle Medienmitteilung von Swissveg meldete sich kaum ein Medium. «Viele Medien leben auch von der Werbung von Fleisch- und Milchherstellern», so Pichler, «deshalb stellen sie die Produktion tierischer Produkte kaum infrage.»

Lösung

Die Lösung sieht Pichler in der Wirtschaft und beim Konsumenten. Aktuell stellt die Wirtschaft eher wenig Alternativprodukte her, das zeige sich im Preis. Konsumierten mehr Menschen Alternativprodukte, würden auch mehr produziert werden und dementsprechend sänke auch der Preis. Vor allem gehe es ihm nicht darum, Fleisch zu verbieten, auch wenn das viele immer wieder behaupteten.
Zudem sehe auch er einen wichtigen Schritt in transparenten Produktpreisen und einer fairen Aufklärung über die Produktherstellung.

Burger am beliebtesten

Gemäss dem «Schweizer Fleischersatz-Report» aus dem Mai 2021 vom Bundesamt für Landwitschaft hat in den vergangenen Jahren ein ähnlich starkes Wachstum erlebt wie pflanzliche Burger. Der durchschnittliche Konsum stieg von 2016 bis 2020 um rund 62 Prozent. Auch die anderen Produktgruppen verzeichneten überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten von über 30 Prozent. Zu diesen Gruppen zählen pflanzliche Altnerativen zu Wurst, Hack und Geschnetzeltem.
Bereits langjährig bekannte und beliebte Fleischalternativen, namentlich Tofu, Seitan und Tempeh landeten auch häufiger im Einkaufswagen, um 15 Prozent mehr.




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