Skip to main content

-

current

Anzeige


Wohlfühloase für Pferdebegeisterte

Reitsportzentrum Münsingen | Stephan und Tanja Bischof sind die neuen Betriebsleiter der Pferdesportanlage. Gemeinsam mit ihrer älteren Tochter Jenny, die auch Berufsreiterin ist, bilden sie Pferd und Reiter aus. Die Anlage ist sowohl Ausbildungs- als auch Pensionsbetrieb, mit Schwerpunkt Dressur- und Springreiten. Angesprochen werden sollen auch Menschen ohne eigenes Pferd und mit weniger dickem Portemonnaie. Auch Kinder sind willkommen.

Pferdesport
Die Familie Bischof in der Halle der Reitsportanlage: links die Töchter Leonie und Jenny, Mutter Tanja rechts und Vater Stephan (hinten) mit Pferd Chamiara. Foto: Nik Egger

Tanja Bischof ist gertenschlank. Reitgertenschlank. Eine «Rösselerin», wie sie im Bilderbuch steht. Die 41 Jahre alte Langenthalerin ist Mutter zweier Töchter – Jenny, 21, und Leonie, 17 – und machte einst ihren Traum zum Beruf: Sie liess sich zur Bereiterin ausbilden. «Das ist ein Knochenjob», so Bischof, die wahrscheinlich knapp 50 Kilo wiegt, «aber sehr erfüllend». Schliesslich komme der Reitsport aus dem Militär. «Das Reiten ist keineswegs nur Mädchensache.» Im Gegenteil: «Im höheren Reitsport finden sich meistens Männer.» Und dies eben, weil sowohl Beruf als auch Sport mit Kraft verbunden seien. Die Arbeit mit Pferden sei körperlich sehr anstrengend. Nach acht Arbeitsstunden könne man nicht einfach den Besen fallen oder die Tiere hungern lassen. Auch das Reiten selbst erfordere Kraft. «Damit ist nicht gemeint, dass man am Pferd herumzerren soll, im Gegenteil! Reiten ist Technik und Begabung.» So gebe es sogenannte Männer-, respektive Frauenpferde.

Vom 08/15-Ross zum Grand-Prix-Pferd

Tanja Bischof lacht: «Viele junge Mädchen haben ein verzerrtes, ausschliesslich romantisches Bild vom Reiten.» Sie selbst bevorzuge sogar als Bereiterin die eher ruhigeren Pferde, Stuten oder Wallache. «Es geht doch darum, dass Mensch und Tier, Reiter und Ross, in eine Beziehung miteinander treten.» Es gehe nicht um Prestige, nicht darum, sein Ansehen zu steigern, indem man einen Hengst reite, so, wie man ein schnelles Auto fahre. «Im Sport mit Pferden geht es nicht darum, etwas beweisen zu wollen.»

Auch Tanjas Mann, Stephan Bischof, ist ein Bereiter der ersten Stunde. Seine ersten Berufsjahre verbrachte er als Wanderreitlehrer. Der erfahrene Berufsreiter ergänzt: «Das Verrückte ist, dass manche Pferdebesitzer gar nicht wissen, was für Prachtrosse sie haben. Dabei kann man aus einem Pferd so viel herausholen!» Tanja Bischof: «Ja, aus einem vermeintlichen 08/15-Pferdchen kann durch richtiges Zureiten durchaus ein Grand-Prix-Pferd werden.»

Bei diesem Prozess dabei zu sein, respektive für das Gelingen verantwortlich zu sein, sei ein wunderbares Erlebnis, so Stephan Bischof: «Wenn man diesen Prozess der Verwandlung des Tieres mit den Pferdebesitzern gemeinsam erleben kann, den Prozess des Zusammenwachsens und gemeinsamen Werdens, wenn man Höhen und Tiefen von Pferd und Reiterin oder Reiter miterlebt, ist das schon gewaltig.» Denn die Verbindung zu einem Tier dauere nicht bloss ein paar Monate, «sondern vielleicht mehr als zwanzig Jahre».

Bischofs kriegen das Pferd wieder hin

Manchmal heisse es, man kriege ein Pferd «nicht mehr hin». Manche Pferde hätten durch schlimme Erlebnisse Traumata, andere seien vernachlässigt worden. Nicht selten sei ihnen zu Ohren gekommen, so Bischofs, wie Pferdebesitzerinnen und -besitzer, deren Pferde sie «geheilt» hätten, Mundpropaganda für sie gemacht hätten. Im Sinne von: «Bevor du das Pferd aufgibst, gib es Bischofs, die kriegens wieder hin.»

Als Berufsreiter habe er schon auch die Möglichkeit, tolle Pferde zu reiten, international und bis zur höchsten Stufe. Der Sinn der Berufsreiter aber liege in der Ausbildung der Pferde. «Damit die Besitzer Freude an der Beziehung mit dem Tier haben.» Dass sie es (wieder) reiten könnten. Es gehe ihnen nicht darum, nur die schönen, ruhigen, bequem zu reitenden Pferde zu reiten.

Ist Reiten Mädchensache?

Warum aber interessieren sich bei den Kindern und Teenagern vor allem die Mädchen für Pferde? Tanja Bischof: «Das geschieht wohl aufgrund der heutigen Sozialisierung. Wobei: Wenn wir Schulklassen einladen, um ihnen den Reitsport näher zu bringen, dann sind die ersten, die zum Reiten anstehen, die Jungs», lacht sie. Wahrscheinlich sei es deren Ehrgeiz, der sie animiere. «Sie wollen den Mädchen zeigen, wie mutig sie sind.» Stephan Bischof: «Wenn das Virus der Pferdeliebe überspringt, dann gibt es kein Halten. Egal, ob bei Mädchen oder Jungen.»

Sie seien beide Pferdenarren, so Tanja und Stephan Bischof, seit sie Jugendliche gewesen seien. Sie habe nie an ihrem Berufswunsch gezweifelt, so Tanja Bischof. «Zu Beginn der Ausbildung zur Bereiterin waren wir 39 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, bei der Prüfung waren wir nur noch neun.» Damit betont Tanja Bischof noch einmal, dass das Leben mit und für Pferde hart sein könne. «Reich wird man auch nicht dabei», schmunzelt Stephan Bischof. «Aber der Beruf ist auch wunderschön.» So habe sich auch die ältere ihrer beiden Töchter, Jenny, mit dem «Pferde-Virus» angsteckt: Auch sie liess sich zur Bereiterin ausbilden und arbeitet nun, gemeinsam mit ihren Eltern, im Reitsportzentrum Münsingen. Aber wie kam es eigentlich, dass Bischofs, nach zehn Jahren Wien, zehn Jahren Zürich und sechs Jahren in der Nähe von Stuttgart in Süddeutschland, wo sie jeweils als Betriebsleiter tätig waren, nun in Münsingen gelandet sind?

«Es ist wie Heimkommen»

«Ich bin kein Esoteriker», sagt Stephan Bischof, «aber etwas schicksalsgläubig schon. Ich bin ein intuitiver Mensch, höre auf mein Gefühl. Deshalb bin ich überzeugt, dass es so kommen musste.» Mit «so kommen musste» meine er, dass er sich überaus freue, nun hier, wieder in Bern und in der Schweiz zu sein. Aber Sie sind doch aus Zürich, Herr Bischof? «Ja, aber ich lebte viele Jahre in Bern. Von 1996 bis 2004. Hier lernte ich auch meine Frau kennen, und unsere ältere Tochter kam in Langenthal zur Welt, woher Tanja stammt. Für uns fühlt es sich an wie Heimkommen.» Zum Reitsportzentrum habe er gefunden, weil ihn ein ehemaliger Schüler darauf aufmerksam gemacht habe. «So lernten wir die Besitzerin, Franziska Küng, kennen (siehe Box unten).» Sie und ihr Partner hätten im Leben Ähnliches erlebt und durchgemacht wie er und seine Frau, so Bischof. «Deshalb dachte ich, dass es sein musste, dass wir einander kennenlernten.» Tanja Bischof: «Ja, mir geht es ähnlich. Für mich ist es auch ein Heimkommen. Das Auswandern vor vielen Jahren war für mich sehr schwierig. Doch ich gewöhnte mich daran. Aber Heimkommen ist halt immer schön.» Nun seien es genau 20 Jahre, seit die Familie Bern verlassen habe. «Gestern liefen wir mit den Hunden. Wir sahen Eiger, Mönch und Jungfrau – das ist einfach sagenhaft.»

 

Wohlfuhloase fur Pferdebegeisterte 2

Franziska Küng ist die Besitzerin des Reitsportzentrums Münsingen. Hier mit ihrem Pferd Loretta. Foto: Nik Egger


Die Familie ist wichtig

Stephan und Tanja Bischof haben vieles gemeinsam erlebt und gemacht. Seit 25 Jahren sind sie zusammen, wurlden früh Eltern. Stephan Bischof: «Ich liess mich in Zürich zum Bereiter ausbilden und bildete mich zum Reitlehrer weiter.» Danach sei er jahrelang als Wanderreitlehrer unterwegs gewesen. Tanja Bischof: «Ja, das war keine einfache Zeit. Ich war schwanger, er dauernd unterwegs.» So hätten sie sich entschlossen, das Angebot, Betriebsleiter einer Reitanlage mit Hotel und Restaurant in Wien zu werden, zu prüfen und schliesslich angenommen. Und seien schliesslich ausgewandert.

Zehn Jahre lang blieben sie und wären wohl noch heute dort, hätte der damalige Eigentümer die Anlage nicht verkauft. So ging es weiter nach Zürich, die Familie leitete dort einen Reit­betrieb, und wieder verstrichen zehn Jahre, bevor es weiter nach Süddeutschland ging. Dort fanden Bischofs eine Reitanlage, wo sie als Betriebsleiter angestellt wurden. Auch dort blieben sie eine lange Zeit. Doch nach sechs Jahren plagte sie das Heimweh. «So entschlossen wir uns, nochmal neu zu beginnen, und zwar in Bern.» Wieder durch einen Reitschüler erfuhren sie vom Reitsportzentrum Münsingen. Er freue sich, so Bischof, dass nun hoffentlich auch Besitzerin Franziska Küng den Hof gesichert geniessen könne. «Und sich nicht mehr den Kopf zerbrechen muss, wie es mit der Anlage weitergeht.»

Sie seien enorm glücklich hier, so Stephan und Tanja Bischof. Zudem sei Münsingen strategisch perfekt gelegen. «Auch der Betrieb ist perfekt: Wir wohnen oben im Haus. Der Flugplatz ist nahe, die Stadt Bern, Thun, die Berge, die Natur. Alles ist vorhanden.» Und die Kinder, freuen sie sich? «Die jüngere Tochter macht noch die Schule fertig. Im Sommer folgt sie uns. Das Familien­leben hat einen hohen Stellenwert für uns, die Familie ist das Wichtigste.» Tanja Bischof: «Seit 25 Jahren tun wir fast alles gemeinsam, arbeiten im selben Beruf, sind tagtäglich zusammen.» Dies sei nicht für alle Paare ideal. Doch sie genössen es, auch, wenn es nicht immer einfach sei.

Dressur- und Springpferde

Das Reitsportzentrum Münsingen gliedert sich in zwei Betriebe. Zum einen ist es ein Pensionsbetrieb: «Das heisst, Pferdebesitzer können ihre Pferde bei uns einstellen, wir bieten den vollen Service», so Stephan Bischof. «Wir misten, bringen die Pferde auf die Weide, füttern sie und vieles mehr.» Zusätzlich bieten die drei Berufsreiter Reitstunden an. Und auf Wunsch reiten sie Pferde zu.

Zum anderen ist das Reitsportzen­trum ein Ausbildungsbetrieb für Pferd und Reiterin oder Reiter: «Vom Freizeit- bis in den Sportbereich hinein; für Dressur als auch fürs Springen.» In diesen beiden Sportarten seien Training, Reiten, Stunden geben, Pferde ausbilden usw. enthalten. Stephan Bischof: «Tanja kommt aus dem Spring­sport.» Wer hätte daran gezweifelt, wenn man die schlanke Frau sieht (Anmerkung der Redaktion)? Doch der Schwerpunkt liege schon auf dem Dressurreiten. Auch Pferde würden (auf Wunsch) gekauft und ausgebildet und wieder verkauft.

Reitstunden für Kinder und Erwachsen

Stephan Bischof widerspricht vehement, als die Journalistin fragt, ob das Reiten nur auf gehobenem Niveau gelehrt werde: «Nein, im Gegenteil, wir wollen auch Kinder ansprechen und Erwachsene, die sich kein eigenes Pferd leisten können oder wollen.» Die Reitstunden würden auf Schulpferden angeboten. «Es sollen sich auch Menschen Reitstunden leisten können, die weder Pferd noch Goldesel daheim haben …»

Das Reitsportzentrum Münsingen verfüge über einen schönen Aussenplatz. «Es ist einfach eine wunderschöne Anlage», so Stephan Bischof. «Es gibt eine grosse Reithalle, die auch im Winter oder wenn es regnet über genug Platz verfügt. Und es gibt, durch das Restaurant, gar die Möglichkeit für Veranstaltungen.» Wichtig zu betonen sei ihm, dass das Reitsportzentrum Münsingen kein «Schickimicki-Sportstall» sei oder nur ein Dressurstall für Gutbetuchte. Es sei auch kein unpersönlich grosser Betrieb, wo hunderte von Menschen ein und aus gingen. Über 39 Pferdeboxen verfügt die Anlage. «Wir bieten alles an, eher klein, aber sehr fein.» Bei dieser Grösse kenne man einander noch. «So kann man auch mal gemeinsam käfele (einen Kaffee trinken).»

Und Tanja Bischof ergänzt: «Ja, die Anlage ist eine Art Wohlfühloase für pferdebegeisterte Menschen. Das ist unsere Vision.»

Reitsportzentrum Münsingen, Dammweg 1, Münsingen

Von Kindesbeinen an mit der Anlage verbunden

Franziska Küng ist seit sechs Jahren Besitzerin des Reitsportzentrums Münsingen. Wie kam es, dass Sie die Anlage erwarb? «Wir wollten einem jungen Menschen oder einer jungen Familie die Gelegenheit geben, sich hier als Betriebsleiter etwas aufzubauen», so Küng.

Warum aber gerade eine Pferdesportanlage, Frau Küng? «Ich reite, seit ich ein Kind war.» Sie sei in Belp aufgewachsen, so die Besitzerin. «Mein Vater, mein Bruder und ich ritten jeweils von dort nach Münsingen, wo mein Bruder und ich Reitunterricht erhielten.» Dies sei zum samstäglichen Ritual geworden. Während sie und ihr Bruder Reitunterricht erhalten hätten, sei der Vater für sich ausgeritten. «Danach holte er uns wieder ab, und wir ritten gemeinsam heim.»

Die ganze Prozedur mit Pferdeputzen, Reiten und Unterricht habe den halben Samstag in Anspruch genommen. «Doch für uns war es eine wundervolle Zeit.»

Bis zum 50. Altersjahr sei sie geritten, so Franziska Küng. Danach habe sie viele Jahre pausiert. «Und nun fange ich wieder damit an, ich habe ja nun gute Lehrer, die mich dabei unterstützen können.»

Sonja L. Bauer


Ihre Meinung interessiert uns!


Verwandte Artikel


Wald und Wolf

Berner Waldbesitzer | Die «Motion Aebi» wurde durch den Grossen Rat angenommen. Es stosse aber bitter auf, wenn durch den Regierungsrat suggeriert werde, es sei nur auf der «roten Fläche» ein Nachwachsen der Bäume nicht mehr möglich.

Gigant(r)ischer Nachthimmel

Gantrisch | «Der Naturpark erhielt als erster Park der Schweiz das «Dark-Sky-Park-Label» – das «Dunkler-Himmel-Park-Label» – weil über dem Gebiet die Nacht noch so dunkel ist, wie sie sein sollte: ohne Lichtverschmutzung.

Der Kanton Bern will aufholen

Steuern | Der Kanton Bern gilt als Steuerhölle. Ziehen Unternehmen oder Arbeitnehmende aus dem Kanton weg, verliert der Kanton Steuersubstrat. Als Wirtschaftsstandort hat der Kanton aber andere Vorteile.
Wolf

Der Wolf und die Demokratie

Gastbeitrag | Peter A. Dettling ist unabhängiger Wolfsfeldforscher, Naturfotograf und Bestsellerautor («Wolfsodyssee»). In einem Kommentar äussert er sich zur aktuellen Wolfspolitik.
| Peter A. Dettling | Gesellschaft

Anzeige