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«Es geht um Menschen»

Strassenmagazin | Eine neue Ausstellung im Kornhausforum würdigt die Strassenmagazine. Sie verhelfen Menschen in Armut zu einer Tagesstruktur und zu einem kleinen Einkommen. Zudem schaffen sie zwischenmenschliche Begegnungen.
| Adrian Hauser | Gesellschaft
Mann
Strassenmagazine lindern soziale Not und schaffen Begegnungen. Bild: Marc Bachmann/zvg

Auf dem Weg vom Berner Bahnhof bis zu seinem Arbeitsort im Kornhaus­forum begegne er etwa drei Verkäuferinnen und Verkäufern des Strassenmagazins «Surprise», berichtet der Leiter und Kurator des Kornhausforums Nicolas Kerksieck. Dies anlässlich der kürzlichen Eröffnung der Ausstellung «Wie Strassenzeitungen Leben verändern». Gemäss Nicolas Kerksieck greift das Schweizer Strassenmagazin «Surprise» gesellschaftlich relevante Themen auf und beleuchtet diese unter einem anderen Blickwinkel. Und mit gesellschaftlich relevanten Themen sei man im Kornhausforum am richtigen Ort. Daher kam man auf die Idee für die aktuelle Ausstellung. Die Ausstellung im Kornhausforum würdigt Strassenzeitungen in einem internationalen Kontext, wobei dem Schweizer Magazin «Surprise» eine besondere Aufmerksamkeit zukommt. «Wir möchten die Strassenzeitungen mit der Ausstellung feiern und aufzeigen, wie diese Leben verändern können», so Nicolas Kerksieck. Für die Ausstellung hat man auch intensiv mit dem Verein von «Surprise» zusammengearbeitet. «Surprise» wird in der Deutschschweiz von rund 500 Menschen verkauft. Menschen, die von Armut, Obdachlosigkeit oder anderen Formen der Marginalisierung betroffen sind, können sich dadurch ein Einkommen erwirtschaften.

«Mehr als ein Magazin»

Einer, der den Verein «Surprise» gut kennt, ist der frischgebackene Bundesrat Beat Jans. Er war neun Jahre im Vorstand des Vereins, davon fünf Jahre als Präsident. Es sei ein wenig ungewöhnlich, dass ein Bundesrat eine solche Ausstellung eröffnet, sagte er in seiner Ansprache. Er mache dies gerne und würde es auch öfter tun, aber seine Agenda lasse es nicht zu. Doch hier wollte er unbedingt dabei sein, weil ihm das «Surprise» über die Jahre ans Herz gewachsen ist. «Ein Strassenmagazin ist viel mehr als einfach ein Magazin», erklärte Beat Jans. «Denn es geht um Menschen und diese Menschen sind wichtig für unsere Gesellschaft.» Er erinnerte daran, dass es verschiedene «Stadtoriginale» gibt, die das Magazin verkaufen. Menschen, die unsere Gesellschaft und das Stadtbild etwas bunter machen und auch etwas Tröstliches an sich hätten. Die Strassenmagazine würden aber auch die Armut in der Gesellschaft aufzeigen. Ein Thema, das man oft gerne verdränge. «Man darf dies aber nicht verdrängen, sondern muss sich dem Thema auch politisch stellen», so Beat Jans weiter. Stras­senmagazine sind in seinen Augen aber auch Karrieremacher. Er erzählte die Geschichte von einem Freund, der aufgrund von Krankheit und Jobverlust in die Abwärtsspirale geriet. Das «Surprise» habe ihn wieder zurück ins Leben geholt, ihm eine Tagesstruktur und einen Lebenssinn verliehen.

Internationales Netzwerk

Seit den 1990er-Jahren gibt es auf der ganzen Welt ähnliche Projekte, die alle einen individuellen Charakter haben. Während sich etliche Zeitungen oder Magazine inhaltlich mit sozialpolitischen Themen beschäftigen, setzen andere Projekte wie beispielsweise in Brasilien oder Mexiko auf Kunst und Kultur oder positionieren sich als alternatives Lifestyle- oder Boulevard-Magazin wie beispielsweise in Grossbritannien. Im Austausch stehen zurzeit rund 100 der Projekte über das internationale Netzwerk der Strassenzeitungen (INSP), das dieses Jahr 30-Jahr-Jubiläum feiert. Doch die Verkaufszahlen sinken. Durch die Krise der Printmedien, steigende Papier- sowie Druckkosten und eine Kundschaft, die sich mehr und mehr digitalen Inhalten zuwendet, stehen auch viele Strassenzeitungen vor grossen Herausforderungen. Das einzigartige Vertriebssystem mit der direkten Begegnung von Verkauf und Kundschaft ist gemäss dem Kornhausforum aber auch eine Chance. So schaffen die Magazine zwischenmenschliche Verbindungen und bieten beim Kauf auf der Strasse einen Moment der Entschleunigung. Die Ausstellung will Neugier wecken, Wissen vermitteln und Denkimpulse setzen. Sie dauert noch bis Anfang August.


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