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Auf Trends und aktuelle Herausforderungen reagieren

Ernährung | Am diesjährigen Swiss Forum Agro Food erklärten national und international erfolgreiche Unternehmer, wie sie mit Trends umgehen.

| Thomas Abplanalp | Wirtschaft
Nestlé-CEO spricht
CEO von Nestlé: Mark Schneider. Bild: lid.ch

 Während Besuchende auf dem Expo-Areal in Bern an der BEA allerlei Köstlichkeiten genossen, trafen sich am selben Ort Vertreter aus der Agrar- und Lebensmittelbranche, um über das Thema Trends nachzudenken. Geistige Nahrung erhielten die Teilnehmenden durch Vorträge von bekannten Unternehmern und Forschenden. Neben anderen waren Nestlé, das Gottlieb Duttweiler Institut und die Mobiliar vertreten. 

Herausfordernde Jahre

Mark Schneider, CEO von Nestlé, betonte zu Beginn seines Referats, dass die letzten Jahre herausfordernd gewesen seien. Grund dafür seien die Corona­krise, die anschliessende Lieferkettenkrise und der Krieg in der Ukraine. «Die aktuelle globale Inflationswelle in der Lebensmittelbranche ist die grösste seit 1973», sagte Schneider. Im vergangenen Jahr stellte er eine Verunsicherung der Kunden fest. Seit diesem Jahr sehe er eher eine Beruhigung. Dennoch: «Neue Trends zu bedienen und strategische Ziele zu erreichen, ist schwierig», so Schneider weiter. 

Gesundes Altern und Kaffee

Der grösste feststellbare Trend, darin waren sich alle Vortragende einig, sei der demografische Wandel. Gemäss Schneider liege ein Augenmerk Nestlés deshalb auf der älteren Kundschaft. «Die Kundengruppe dort wächst stark», erklärte er. Milchprodukte seien in diesem Kontext wichtig.

Grundsätzlich herrsche weltweit ein Proteinmangel, entweder aufgrund einer Mangelernährung oder aufgrund zu vieler Kohlehydrate und Fette auf dem Teller. Deshalb drucke Nestlé auch die Einstufung im Nutri-Score auf einige Produkte. Schneider betonte zwar, dass allein das Berücksichtigen des Nutri-Scores keine ausgewogene Ernährung ermögliche, aber der Nutri-Score gebe jenen, die kaum Kenntnisse von ausgewogener Ernährung hätten, eine grobe Ahnung. 

Schneider sagte aber auch, dass Nestlé nicht nur auf ausgewogene Produkte setze, Essen sei nämlich auch Genuss, nicht nur gesund: «Schokolade ist keine Tomate.» 

«Eine fantastische Gelegenheit» sehe Schneider zudem in China. Dort wachse die Nachfrage nach Kaffee stark. Doch der Kaffeekonsum in China sei mit dem Kaffeekonsum in der Schweiz nicht ganz zu vergleichen. In China konsumierten die Menschen Kaffee anders, nämlich mit verschiedenen Geschmäckern, zum Beispiel Pfefferminz oder Kokosnuss. In gewissen chinesischen Cafés gebe es immer einen «Flavour der Woche», erklärte Schneider. 

Auf ökologische Nachhaltigkeit bezogen liege der «Peak Carbon» hinter Nestlé, so Schneider. Das heisst, dass Nestlé in den vergangenen Jahren weniger umweltbelastende Treibhausgasemissionen produziert habe als in früheren Jahren. Gleichzeitig sei das Unternehmen trotzdem gewachsen, ergänzte Schneider nicht ohne Stolz. 

Proteinwende

Auch Christine Schäfer, Senior Researcher am Gottlieb Duttweiler Institut, betonte den Einfluss der Lebensmittelbranche auf die Umwelt. Gemäss einer Studie betrage die Menge an Wildsäugetieren von allen Säugetieren auf der Welt rund vier Prozent. Die Menge an Nutztieren ist also enorm. 

Gemäss Schäfer zeichne sich eine Proteinwende ab. Bereits in den letzten Jahren stieg die Quantität an qualitativ wertvollen pflanzenbasierten Ersatzprodukten in den Einkaufs­läden. Eine weitere Chance in einem weniger umweltbelastenden Proteinkonsum sieht Schäfer auch im Laborfleisch. Und aktuell werde auch im Bereich der Mikroorganismen intensiv geforscht. «Je nachdem womit Hefebakterien gefüttert werden, entstehen Proteine, wie sie sonst nur in Eiern zu finden sind», erklärte Schärer. 

Vielfalt, Wahrheit, Werte

Eine weitere Möglichkeit einer ausgewogenen und vielfältigen Ernährung sieht Schäfer in der Verwendung unterschiedlicher Pflanzen. Aktuell prägten quantitativ gesehen vor allem drei Pflanzenarten das Essen von Menschen: Mais, Reis und Weizen. Dabei gebe es mehrere Tausend Pflanzen­arten, die Menschen unbedenklich essen könnten. Vor allem in lokalen Pflanzenarten sieht Schäfer Potenzial, da diese Pflanzen «besser angepasst sind». 

Die Aussagen Schäfers beziehen sich auf den European Food Trends Report. Dieser basiert auf Konsumentenbefragungen und Experteninterviews. Der Bericht zeige weiter auf, dass bei Lebensmittelpreisen die wahren Kosten nicht gezeigt würden. Mit anderen Worten: «Soziale Kosten und Umweltkosten werden im Preis nicht gezeigt», erklärte Schäfer. Dazu komme, dass gerade wir Menschen in privilegierten Positionen «wenig an unseren Konsumentscheidungen leiden», andere dafür umso mehr. Gemeint sind hier beispielsweise Ausbeutung von Arbeitnehmenden, Kinderarbeit, oder auch grundsätzlich aufgrund ökologischer, ökonomischer oder politischer Gründe gefährdete Existenzen in ärmeren Weltregionen. Dafür steige der gesundheitsbewusste und wertebasierte Konsum. 

Der Bericht zeige zudem die Bedeutung der Creator Economy auf, oder anders gesagt die Einflussmöglichkeiten von Influencern auf Social Media. Aufgrund deren teilweise grossen Reichweite hätten diese eine grosse Macht und könnten damit auch das Konsumverhalten ihrer Follower mitbeeinflussen. 

Letzten Endes zeigten die Ausführungen Schäfers, welchen grossen Stellenwert Essen in unserem Leben einnimmt. Oder wie sie es formulierte: «Unser Leben dreht sich um Ernährung.» Essen sei mit Emotionen, Erinnerungen, Traditionen und Identität verbunden. 

Risiken klein halten

Auch die Mobiliar als grösster Landwirtschaftsversicherer der Schweiz betrat in Form der CEO Michèle Rodoni die Bühne. Sie knüpfte an das Thema ökologische Nachhaltigkeit an, indem sie erklärte, dass sich die Risiken veränderten. Während vor 200 Jahren Feuer die grösste Gefahr darstellte, seien es heute die häufigeren Extremwetter­ereignisse. Aufgrund der Klimakatastrophe komme es unter anderem häufiger zu Stark­regen, Hagel und Frost. Rodoni sieht in der Prävention von Naturgefahren einen wichtigen Hebel. Deshalb unterstütze die Mobiliar entsprechende Projekte. Als ein Beispiel nannte sie die Idee von Schwammstädten. In den meisten Städten könnten heute starke Niederschläge nicht vom Boden aufgenommen werden. Schwammstädte sind Städte, die so gebaut werden, dass sie grosse Wassermengen aufnehmen können. In die Prävention zu investieren, sei wichtig, um «Risiken kleinzuhalten, damit die Prämien zahlbar bleiben», so Rodoni. 

Mittel zum Zweck

Das gelte auch im Bereich der Digitalisierung. Auf spielerische Weise können KMU mithilfe eines Projekts der Versicherung beispielsweise darauf sensibilisiert werden, ihr Unternehmen besser vor Cyberangriffen zu schützen. Cyber­angriffe können in der Landwirtschaft beispielsweise dann problematisch werden, wenn durch sie Melkroboter deaktiviert würden. In solchen Fällen müssten die Landwirte innerhalb kürzester Zeit einen Notmelkstand organisieren, was nicht immer einfach ist.

Die fortschreitende Digitalisierung bringt aber auch eine Effizienzsteigerung mit sich. Die Mobiliar selbst greife bei ihrer Arbeit auf künstliche Intelligenz zurück. Zum Beispiel unterstütze KI sie bei einfachen Fällen. Aber «wenn jemand Wasser im Keller hat, kann keine KI helfen», betont Rodoni. «KI ist ein Mittel zum Zweck.»


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