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Landschaftsschutz und mehr Strom

Erneuerbare Energie | Die vierte Vorlage betrifft das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Für Pro Natura Bern ist sie eine Kompromisslösung.

| Thomas Abplanalp | Politik
PV-Anlage
Versorgungssicherheit mit erneuerbaren Energien steigern. Foto: Adrian Hauser.

 Das Referendumskomitee stromgesetznein.ch setzt sich aus der Fondation Franz Weber, dem Naturkomitee gegen Stromgesetz und der SVP zusammen. Sie bemängeln im Abstimmungsbüchlein, dass die Stromproduktion prinzipiell Vorrang vor anderen Interessen erhalte und dadurch Infrastrukturen für die Stromproduktion in geschützten Landschaften gebaut werden könnten. Ihrer Ansicht nach schaden Solarparks den Alpen als schöne Gegend in der Schweiz, Naturgebiete würden geflutet und die Solarparks erleichterten das Roden von Wäldern, die ihrerseits eine wichtige klimatische Bedeutung hätten. Zudem schränke die Vorlage gemäss Referendumskomitee die Souveränität des Volks ein. 

Auf der anderen Seite argumentieren der Bundesrat und das Parlament dafür, vorhandenes Potenzial zu nutzen, zugunsten einer verringerten Abhängigkeit von Energieimporten. Gleichzeitig argumentieren sie, dass Rücksicht auf die Natur genommen werde, Umweltorganisationen der Vorlage zugestimmt hätten und Abstimmungen zu Projekten weiterhin möglich blieben. Auch entstünden durch die Annahme der Vorlage Investitionsreize für Solaranlagen auf Dächern. Zudem habe die Schweiz 2023 dem Klima- und Innovationsgesetz zugestimmt. Dieses sieht vor, dass die Schweiz bis 2050 klimaneutral sein soll. Ein angemessener Umgang mit Energie spielt hier eine zen­trale Rolle.

Kompromisse finden

Die Naturschutzorganisation Pro Natura befürwortet die Vorlage. Während das Gesetz vom Bundesrat und Parlament erarbeitet wurde, konnte Pro Natura neben anderen Organisationen immer wieder Stellung zur parlamentarischen Debatte nehmen. Dabei habe Pro Natura vor allem die anfänglich noch diskutierten fundamentalen Angriffe auf den Natur- und Landschaftsschutz klar kritisiert, wie Lorenz Heer, Geschäftsführer von Pro Natura Bern, sagt. Die potenziell negativen Auswirkungen auf die Natur und Landschaft seien nicht von der Hand zu weisen. Das Gesetz sei deshalb ein «politischer Kompromiss». Heer bezeichnet einen geschmälerten Biotopschutz, einen möglichen Verzicht auf Ersatzmassnahmen für Bauten in geschützten Landschaften und einen grundsätzlichen Vorrang der Produktion erneuerbarer Energien als «schmerzhafte Abstriche». «Für die Energiewende sind diese nicht
nötig», so Heer weiter.

Trotzdem stehe Pro Natura hinter dem Mantelerlass, um bedeutende und dringend nötige Fortschritte im Ausbau der erneuerbaren Energien zu erzielen. «Dass die Photovoltaik auf bestehender Infrastruktur den weitaus gewichtigsten Teil beiträgt, entspricht einer zentralen Forderung von Pro Natura», so Heer. 

Die Vorlage stiess im Stände- und Nationalrat kaum auf Gegenstimmen. Heer erklärt sich das damit, dass die Vorlage «zu einem Zeitpunkt entstand, als noch mit einer Strommangellage im Winter gerechnet wurde. Diese Befürchtung hat sich mittlerweile abgeschwächt.»

Pro Natura begrüsse das Verbot neuer Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien in Biotopen von nationaler Bedeutung und in Wasser- und Zug­vogelreservaten. «Allerdings nimmt die Vorlage neu entstehende alpine Auen von diesem Verbot aus und erlaubt zudem, dass Restwasserstrecken durch solche Lebensräume führen können. Wird davon Gebrauch gemacht, wäre das aus Sicht des Naturschutzes sehr negativ», ergänzt Heer. 

Hinzu käme, dass das Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung beim Bau von Anlagen in Erwägung gezogen werden könne. Damit würden bestehende Naturschutzgesetze durch die neue Vorlage aufgeweicht werden. «Auf der anderen Seite wurden beim Ausbau der Erneuerbaren Abstriche gemacht, wo er unproblematisch wäre», sagt Heer, «etwa indem die wichtige Solarpflicht erst ab einer bestimmten Grundfläche von Gebäuden eingeführt wurde.»

Ausgangslage der Vorlage

Wie im Abstimmungsbüchlein steht, muss die Schweiz während der Wintermonate aktuell Strom aus dem Ausland importieren. Ausnahme­situationen wie der Krieg in der Ukraine können aber zu Strom-Engpässen im Ausland führen. Zudem brauchen europäische Länder aktuell mehr Strom, um fossile Energieträger zu ersetzen. Die Schweiz kann sich also nicht darauf verlassen, im Winter immer ausreichend Strom importieren zu können. Deshalb will die Vorlage die Versorgungssicherheit durch eine Steigerung der inländischen Stromproduktion steigern. 

Das Gesetz enthält Förderinstrumente und Regelungen für die Produktion, Speicherung, den Transport und Verbrauch von Strom. Damit einher­gehend ermöglicht die Vorlage einen rascheren Bau von Anlagen, die Strom aus erneuerbaren Energien produzieren. Dazu gehören vor allem Wasser, Sonne, Wind und Biomasse. 

Sowohl der Bundesrat wie auch das Parlament haben die Vorlage angenommen: Im Ständerat stimmten 44 Ja, niemand Nein, und es gab keine Enthaltungen. Im Nationalrat stimmten 177 Ja, 19 Nein und niemand enthielt sich. 

 Anknüpfung an 2017

Nach der Annahme des totalrevidierten Energiegesetzes 2017 verlängert die Vorlage die damals angenommenen Förderinstrumente um fünf Jahre. Wie im Abstimmungsbüchlein weiter steht, liegt das grösste Potenzial für den gesamten Ausbau bei der Solarenergie auf Gebäuden, weshalb es weiterhin finanzielle Beiträge für Solaranlagen auf Dächern und an Fassaden gibt. Ebenfalls will die Vorlage eine schweizweite Harmonisierung der Mindesttarife für die Einspeisung von Solarstrom ins Netz. Und sie erlaubt, dass lokale Elektrizitätsgemeinschaften gebildet werden können, um auf Quartier­ebene mit selbstproduziertem Solarstrom zu handeln.

Um im Winter genügend Strom speichern zu können, enthält die Vorlage 15 Projekte bezogen auf Wasserkraft. Die Liste umfasst Neubauten und Staumauererhöhungen. Bei der Besprechung dieser Projekte waren Vertreter der Umweltorganisationen WWF und Pro Natura mit dabei, ebenso des Schweizerischen Fischereiverbands, der Kantone und der Strombranche. 

Auch haben Gemeinden weiterhin die Möglichkeit, über konkrete Projekte abzustimmen. So will die Vorlage die demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten gewährleisten.

Bedeutung der Natur

Die Erläuterungen nehmen auch Bezug auf die Auswirkungen auf Natur und Landschaft. Vor allem grosse Anlagen, die viel Strom produzieren, beanspruchen Flora und Fauna. Deshalb will die Vorlage schützenswerte Gebiete als schützenswert beibehalten, allein Gletschervorfelder stellen eine Ausnahme dar. Damit einhergehend ist weiterhin jedes Projekt ab einer gewissen Grösse einzeln zu beurteilen und bewilligen. Und bei der Umsetzung der Anlagen müssten Massnahmen zugunsten der Biodiversität und Landschaft umgesetzt werden.


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| Adrian Hauser | Politik

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