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Kürzlich hörte ich jemanden sagen

Kürzlich hörte ich jemanden zu jemandem sagen, der sich gegen Gewalt an Tieren einsetzt: «Du musst Dich nicht wundern, wenn Du mal mit einer Heugabel erstochen wirst.» Ein klassischer Fall von bequemer Schuldverschiebung: Das Opfer trägt die Schuld. Wer das (Tier-) Leid nicht mehr erträgt, wird selbst zum Opfer, weil sie/er krank wird davon. Verursachten wir weniger Tierleid, würden manche Menschen nicht krank, sänken also auch die Krankenkassenkosten. Logisch, oder?! Ich esse keine Tiere. Muss ich es also ertragen, täglich hinter Viehwagen herzufahren, aus denen Kälberschnäuzchen schnuppern? Im Wissen, dass die Kälbchen in ein paar Stunden tot sein werden – vorher aber noch Angst haben müssen, Horror erleiden, weil sie den nahen Tod riechen, ahnen. Muss ich es ertragen, beim Wandern, während ich den Berg hinaufgehe, vom Stall unten im Tal eine Kuh heraufschreien zu hören, stundenlang, verzweifelt – weil man ihr gerade das Kalb weggenommen hat? Oder darf ich böse sein, auf meine Mitmenschen (manchmal auch auf mich selbst), weil sie zu inkonsequent und zu schwach sind? So sauer wie schlecht gewordene Milch? Die den Kälbern gehört, und nicht uns Menschen. Kann ich meinen Mitmenschen nicht ins Gesicht sagen: Trinkt Euren Kaffee auch mal mit Sojamilch, und kommt mir jetzt nicht damit, dafür werde der Urwald gerodet (der wird es für das Soja im Viehfutter). Wir leben in der reichen Schweiz – unser «Fussabdruck» ist immens. Wir leben in Frieden – doch unser Verhalten gegenüber anderen Wesen ist gewaltsam. Da reicht kein Verweis auf das vermeintlich beste Tierschutzgesetz der Welt. Niemand streichelt die Tiere zu Tode. Bevor Sie erzürnte Leserbriefe schreiben – halten Sie inne. Ich meine nicht Sie allein. Ich meine uns alle. Wir müssen uns nicht empören über die Meinung anderer, sondern über unsere Grausamkeit den Tieren gegenüber. Wir müssen unser eigenes Verhalten überdenken. So oft die «Noch»-lebende(n)-Tiere-Wagen in die Schlacht­-
höfe fahren. Sonst hilft nichts. Auch kein schlechtes Gewissen.