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Auf dem Weg in die Zukunft

Region | Gemeinden stehen in den nächsten Jahren vor grossen Herausforderungen. Die Frage, wie sie diese meistern können, stand im Zentrum des diesjährigen Politforums Thun.

| Thomas Abplanalp | Politik
Auf dem Weg in die Zukunft
Moderatorin Sonja Hasler im Gespräch mit Jörg Buckmann. Foto: zvg

Die Liste der Referentinnen und Referenten am 18. Politforum Thun zeugte von einer fachlichen Vielfalt. Unter anderem wurde über Demografie, Fachkräftemangel, Diversität und Sicherheitsbedürfnisse referiert.

Das verbindende Element all dieser Gebiete war das Motto «Gouverner, c’est prévoir – Die Kunst der vorausblickenden Gemeindeführung». Das Thema stiess offensichtlich auf Anklang. Das Politforum Thun vermeldete einen Anmelderekord, was sich an den gut gefüllten Sitzreihen im Kultur- und Kongresszentrum Thun zeigte. Diese Ausgangslage passte zu einem der Themenschwerpunkte.

Demografischer Wandel

Der Demografieexperte Dr. Manuel Buchmann zeigte die Tendenz für die Altersverteilung für das Jahr 2040 auf: In der Schweiz leben dann voraussichtlich rund 700 000 Rentner und 230 000 neue Arbeitskräfte mehr als heute.

Diese Veränderung ziehe steigende Kosten für die Gemeinden nach sich. Auch den Wohnraum gelte es für Gemeinden zu überdenken, je nachdem wie viele Menschen in Heimen oder aber in ihrem eigenen Zuhause gepflegt werden könnten. Damit einhergehend stelle sich die Frage nach Angeboten bzw. Aktivitäten für die ältere Bevölkerung. Einen Lösungsansatz sieht Buchmann in der «Freiwilligenarbeit von älteren Personen für ältere Personen», gerade in Hinblick auf einen möglichen Fachkräftemangel im Pflegebereich.

Die steigende Bevölkerungszahl verlange auch Veränderungen im öffentlichen Verkehr und in der Planung des Schulraums. Dadurch stiegen die Ausgaben weiter. In Kombination mit einem potenziellen Mangel an Arbeitskräften gelte es, die Finanzierungsmöglichkeiten zu klären.

Doch verallgemeinern liessen sich diese Überlegungen nicht, da «Gemeinden unterschiedlich sind», so Buchmann.

Sichtbar werden

Die Schwierigkeit vieler Gemeinden, Fachkräfte (in der Verwaltung) zu finden, liege gemäss Personalmarketingexperte Jörg Buckmann häufig an deren Karriereseiten. Anhand unterschiedlicher Beispiele von Gemeindewebseiten zeigte Buckmann, wie «langweilig» sich viele Gemeinden online verkaufen. Dabei ende die Jobsuche von Stellensuchenden immer auf den entsprechenden Karriereseiten. Deshalb sei es wichtig, diese gut sichtbar zu machen. Konkret nannte er die Möglichkeit, mit einem farbigen Button auf vakante Stellen zu verweisen. Als Negativbeispiel verwies er auf eine Gemeindeseite, auf der die Stellenangebote «zwischen Abfallkalender und Bibliothek» zu finden sind.

Und bei der Stellenbeschreibung sei grundsätzlich auf eine zeitgemässere und publikumsspezifischere (Bild-)Sprache zu setzen. Viele Stelleninserate wirkten «verstaubt und schrecken eher ab». Vor allem empfahl er, in Jobbeschreibungen auf Motivationsschreiben zu verzichten, da diese letztlich nicht viel aussagten. Grundsätzlich müsse der Bewerbungsprozess für Interessierte schlichtweg möglichst einfach gestaltet sein.

Vielfältigere Teams

Während Buckmann die Karriereseiten unter die Lupe nahm, ging Brigitte Hulliger auf die Wichtigkeit von Diversität in Teams ein. Sie definiert Diversität als «Vielfalt von Eigenschaften einer Person oder Sache». Da alle Menschen über vielfältige Eigenschaften und Fähigkeiten verfügen, empfiehlt Hulliger Arbeitgebenden, diese Diversität einzelner Mitarbeitenden zu fördern. Das geeignete Mittel dafür sieht sie in der Inklusion. Inklusion bezeichnet all die Massnahmen, die getroffen werden, damit sich Menschen richtig einbringen können.

Vielleicht hat eine Person, die sich um die Buchhaltung einer Gemeinde kümmert, möglicherweise ein Talent für das Schreiben kurzer, pointierter Texte. In einem solchen Fall könnten die Arbeitgebenden der Person das Content Management der Social-Media-Kanäle überlassen.

Das bedeutet für Arbeitgebende aber, weniger in Schubladen zu denken und Mitarbeitende nicht nur auf einzelne Funktionen zu reduzieren. Dementsprechend bedürfe es offener Stellenbeschreibungen, in denen nicht nur konkrete Diplome verlangt werden.

Inklusionsmassnahmen führen bei Unternehmen und Verwaltungen zu effektiveren und schnelleren Problemlösungen und mehr Ideen. Das Ansprechen von Talenten in Jobbeschreibungen hilft letzten Endes also beim Sparen. «Schätzen Sie das Individuum», so Hulliger. Menschen sind eben keine Maschinen, sondern vielseitiger, sprich diverser. Hulliger lebt diese Diversität vor. Sie arbeitet unter anderem als
Dozentin und in vielen verschiedenen IT-Funktionen. So kann sie möglichst viele ihrer Talente einsetzen.

Fähigkeiten und Haltungen

Die Gemeindevertreterinnen und -vertreter konnten am Politforum Thun viele Ideen für ihre Art der Gemeindeführung mitnehmen. Die Psychiaterin und Autorin Esther Pauchard relativierte das Bedürfnis, alles in Sicherheit wiegen zu wollen, allerdings. Sicherheit sei eines von vier menschlichen Grundbedürfnissen. Menschen möchten zudem Beziehungen führen, sich selbst als wertvoll empfinden und Dinge tun, die ihnen Freude machen. Überwiege eines der Bedürfnisse, könne das psychische Leiden begünstigen. Vor allem verursache mehr Sicherheit mehr Stress, weil niemand das Gesicherte verlieren möchte.

Und nicht vergessen werden dürfe, dass niemand in die Zukunft sehen könne. Deshalb sei es wichtig, sich als Einzelperson oder auch Team Fähigkeiten und Haltungen anzutrainieren, die dabei helfen, adäquat auf Unvorhergesehenes zu reagieren. Konkret nennt Pauchard Tugenden wie Improvisationstalent, Offenheit, Flexibilität. Und insbesondere sei es wichtig, anderen zuzuhören.


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